Norm SIA 358 Geländer

Zur Eindämmung von Fehlinterpretationen in Sachen Ausnahmen wurde die SIA-Norm Geländer und Brüstungen einer Teilrevision unterzogen. Neu wird der Spielraum bei der Umsetzung der Norm durch fallbezogene Präzisionen geregelt.

Die Norm SIA 358 Geländer und Brüstungen (1996) wurde einer Teilrevision unterzogen. Hauptsächlich ging es darum, den Interpretationsspielraum in Sachen Ausnahmen einzudämmen. Der Zweck des Abschnitts war es gewesen, die Anforderungen der Norm im Einzelfall den spezifischen Umständen anzupassen. Dies hatte vielerorts aber den Eindruck erweckt, die Ausnahmen vermöchten ganz allgemein vor der Einhaltung der Norm zu befreien. Hinzu kam, dass die Auslegung dieses Abschnitts aus juristischer Sicht nicht eindeutig war und damit Haftungsunsicherheit bei allen beteiligten Parteien mit sich brachte. Dies führte häufig zu der gefährlichen Interpretation, dass sich die an der Planung und dem Bau Beteiligten leicht ihrer Verantwortung entziehen und diese mit Bezugnahme auf Art. 58 OR Haftung des Werkeigentümers an den Werkeigentümer delegieren könnten.

Neue Ziffer 0.3 Abweichungen

Die Ausnahmen von den Bestimmungen der Norm SIA 358 waren gemäss der Ausgabe von 1996 in folgenden drei Fällen zulässig und nur mit dem ausdrücklichen Einverständnis des Werkeigentümers:

  • Bei Wohnbauten, die der Eigentümer selbst nutzt
  • Bei Veränderungen in bestehenden Bauten, in denen die vorhandenen Schutzelemente die Sicherheit gewährleisten und durch die Veränderung keine neue Gefährdung entsteht
  • Wo das Schutzziel nachweislich durch andere Massnahmen erreicht wird.

Die Ziffer Abweichungen sieht nunmehr vor, dass Abweichungen von den Bestimmungen der Norm nur zulässig sind, wenn das Schutzziel nach dieser Norm nachweislich durch andere Massnahmen erreicht wird.

Diese Abweichungen sind in den Bauwerksakten mit nachvollziehbarer Begründung zu dokumentieren. Für Neubauten bleiben die Bestimmungen unverändert und richten sich nach dem Stand der Technik für Absturzsicherungen. Eine Norm über Geländer und Brüstungen kann nie alle technischen und gestalterischen Möglichkeiten abbilden oder vorwegnehmen. Die Revision enthält jedoch fallbezogene Präzisionen zu den allgemeinen Anforderungen, wodurch eine dem konkreten Einzelfall angemessene Umsetzung begünstigt wird.

Verantwortlich sind alle

Grundsätzlich gilt es Festzuhalten, dass normative Festlegungen von sicherheitsrelevanten Bauteilen auf der Grundlage von Erfahrungen verfasst werden und auf das erwartbare, allenfalls die individuelle Gefährdung erhöhende, Verhalten von Benützern abgestimmt sein müssen.

Die Anforderungen an die baulichen Massnahmen bezwecken, die Gefährdung auf ein gesellschaftlich akzeptiertes Mass zu beschränken. Mit baulichen Massnahmen wird die angesprochene Gefährdung verringert. Ohne rigorose, meist unverhältnismässige, Vorkehrungen lässt sie sich ein Unfall jedoch nie vollständig ausschliessen. Die Einhaltung von normativen Festlegungen zur Verminderung von Gefahren kommt aber nicht nur der Schadenseindämmung zugute, sondern liegt auch im eigenen Interesse aller am Bau Beteiligten. So enthält der Art. 58 OR nämlich nicht nur den Hinweis auf die Haftung des Werkeigentümers (Abs. 1), sondern auch den Satz: Vorbehalten bleibt ihm [dem Werkeigentümer] der Rückgriff auf andere, die ihm hierfür verantwortlich sind. Damit wird die Frage nach der allfälligen Haftung von Planern und Unternehmern auch im Gesetz aufgeworfen.

Quelle sia.ch