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Dacheinsturz bei der Turnhalle Riethüsli in St. Gallen, Einsturz der Fassade eines Mehrfamilienhauses in Winterthur, Dacheinsturz bei der Mehrzweckhalle in Lupfig, Deckeneinsturz bei der Turnhalle in Egnach – dies sind einige Beispiele der letzten Jahre, bei denen mit Glück keine Personen zu Schaden kamen. 

Immer stellt sich bei Gebäudeeinstürzen die Frage nach der Haftung, wobei zwischen strafrechtlicher Verantwortung und zivilrechtlicher Haftung zu unterscheiden ist. Wegen Gefährdung durch Verletzung der Regeln der Baukunde (Art. 229 StGB) wird bestraft, wer bei der Leitung oder Ausführung eines Bauwerks oder eines Abbruchs die anerkannten Regeln der Baukunde vorsätzlich oder fahrlässig ausser acht lässt und dadurch Leib und Leben von Menschen gefährdet.

Unter die Strafnorm fallen alle mit der Planung, Bauleitung und Ausführung betrauten Personen.

Dazu gehören Architekt, Bauingenieur, Bauunternehmer, Bauleiter, Bauführer, Polier, Vorarbeiter sowie Handwerker und Bauarbeiter wie auch Spezialisten. Sogar der Bauherr selbst, wenn fachkundig, kann zur Verantwortung gezogen werden, wenn er durch Weisungen technischer Natur in die Leitung oder Ausführung von Bauten eingreift.

Als anerkannte Regeln der Baukunde gelten die technischen Normen der Fachverbände (z. B. SIA-Normen) sowie Merkblätter und Richtlinien der Empa, der ETH, der Suva und weiterer Organisationen, die sich mit der Bautechnik befassen.

Die baupolizeiliche Kontrolle der Bauten entbindet die am Bauwerk beteiligten Planer und Unternehmer nicht von ihrer Verantwortung.

Werden Personen verletzt oder getötet, können die Verantwortlichen sogar wegen fahrlässiger Körperverletzung oder fahrlässiger Tötung strafrechtlich belangt werden. Entsteht durch den Einsturz lediglich ein Sachschaden am Bau, können die Verantwortlichen nur bei vorsätzlicher Verursachung, nicht aber bei Fahrlässigkeit strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden.

  • Zivilrechtlich haften die am Bau beteiligten Planer und Unternehmer gegenüber dem Bauherrn bei mangelhafter Planung oder Ausführung des Bauwerks aus dem Vertrag.
  • Während der Bauausführung bis zur Abnahme seines Werks trägt der Unternehmer die Gefahr des Einsturzes.
  • Werden beim Einsturz Sachen Dritter beschädigt oder erleiden Dritte einen Vermögensschaden (z. B. Betriebsausfall), haften die Verantwortlichen des Einsturzes ausservertraglich.

Um ausservertragliche Schadenersatzansprüche durchzusetzen, müssen die geschädigten Dritten neben dem Schaden die Widerrechtlichkeit des Verhaltens des Verursachers und den Kausalzusammenhang zum Schaden beweisen.

Oft stürzen Gebäudeteile erst Jahre oder Jahrzehnte nach der Erstellung ein, und es stellt sich danach heraus, dass bei der ursprünglichen Planung oder Ausführung Regeln der Baukunde verletzt worden waren. Dann stellt sich die Frage der Verjährung. Diese beträgt gegenüber dem Bauherrn für Planungs- und Ausführungsmängel des Werks grundsätzlich 5 Jahre ab der Abnahme, bei absichtlich verschwiegenem Mangel 10 Jahre. Ausservertragliche Schadenersatzansprüche Dritter verjähren in einem Jahr ab dem Zeitpunkt, an dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, immer aber nach 10 Jahren. Der strafrechtliche Tatbestand der Gefährdung durch Verletzung der Regeln der Baukunde verjährt nach herrschender Auffassung in 5 Jahren ab dem Zeitpunkt der Gefährdung.

Quelle: nzzdomizil.ch