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Viele Bauherren glauben, sie hätten ein durch das Gesetz geschütztes Recht auf Rückbehalt für befürchtete Mängel am Bau – sie seien daher berechtigt, auch nach der Bauabnahme nicht die volle Zahlung zu leisten. Ganz so einfach ist es aber nicht. Zum Rückbehalt gibt es mehrere gesetzliche Bestimmungen. In diesem Beitrag ist schwergewichtig die Rede von den Bestimmungen zum Rückbehalt der SIA-Norm 118.

Diverse Bestimmungen zum Rückbehalt

Das Problem mit dem Rückbehalt zeigt sich häufig darin, dass zum Beispiel ein Käufer eines schlüsselfertigen Hauses meint, trotz anders lautendem Vertrag eine Berechtigung zu haben 5 % bis 10 % des Gesamtpreises zurückzuhalten, weil er Mängel befürchtet. Gemäss Art. 111 OR kann man einen eigentlichen Garantievertrag abschliessen. Hat man dies aber nicht getan, kann man auch nicht auf Art. 111 OR verweisen.

Ferner hat man ein Recht auf Rückbehalt aufgrund Art. 82 OR. Dieses Recht auf Rückbehalt steht einem bei Nicht- oder nicht gehöriger Erfüllung zu. Dies ist der Fall, wenn der Unternehmer das Werk noch gar nicht vollendet hat.

Im Folgenden beschränke ich mich auf den Rückbehalt gemäss der SIA Norm 118. Immerhin sei erwähnt, dass die SIA Norm 118 die Rechte aus Art. 82 OR nicht verdrängt, es sei denn, man habe vertraglich dieses Recht auf Rückbehalt «hinreichend deutlich» (BGE 113 II 49, S. 51 zum Ausschluss von dispositivem Recht im Allgemeinen) ausgeschlossen, was in den Bauverträgen oft der Fall ist.

Der Rückbehalt bis zur Abnahme des Werks

A) Rückbehalt beim Einheitspreis

Das Recht des Bauherrn auf Rückbehaltung fusst auf Art. 145 Abs. 1 SIA Norm 118. Der Umfang vom Rückbehalt hingegen wird für Verträge mit Einheitspreis in Art. 150 geregelt. Er beträgt bis Fr. 300’000.- 10 % des Leistungswerts. Bei nur grob geschätzten Leistungswerten (nicht detaillierte Leistungsaufstellung) jedoch 20 %.

Übersteigt der Leistungswert Fr. 300’000.-, was bei einem Hausbau in der Regel der Fall ist, beträgt der Rückbehalt 5 % der Bausumme, mindestens aber Fr. 30’000.- und maximal – falls vertraglich nicht anders geregelt – Fr. 1’000’000.-. Weil nun aber Fr. 30’000.- 5% von Fr. 600’000.- sind, kommt die 5%-Regel erst ab einem Leistungswert von Fr. 600’001.- zum tragen.

Der Rückbehalt kann unter anderem dazu dienen, den Bauunternehmer zu drängen, Bauhandwerkerpfandrechte von Subunternehmern (siehe Art. 837 Ziff. 3 und Art. 839 ff. ZGB und Art. 29 SIA Norm 118) abzulösen.

B) Rückbehalt bei Gesamtpreisverträgen

Bei Gesamtpreisverträgen (einer oder mehrere Global- oder Pauschalpreise enthaltend) gewährt die SIA Norm 118 keinen Rückbehalt, schliesst einen solchen aber auch nicht aus, sondern verlangt, dass man ein Recht auf Rückbehalt oder allfällige zusätzlich zu gewährende Sicherheiten ausserhalb der Norm besonders regeln muss. Gerade dies aber schliessen Generalunternehmer («Verkäufer») im Falle von schlüsselfertig angebotenen Bauten regelmässig im «Kaufvertrag» ausdrücklich aus.

Der Anspruch des Bauherrn auf einen Rückbehalt (wenn er denn einen hat) erlischt, wenn kumulativ 3 Voraussetzungen gegeben sind:

  1. Abnahme des Werkes,
  2. Übergabe der Schlussrechung und Ablauf der Prüfungsfrist der Schlussrechnung.
  3. Leistung der Solidarbürgschaft gemäss Art. 181 (m.E. ist auch eine Bargarantie gemäss Art. 182 ausreichend).

Auf diese Weise entsteht für den Bauherrn keine Sicherheitslücke, denn die verschiedenen Sicherheiten fügen sich nahtlos aneinander. Findet eine förmliche Abnahme nicht statt, so hilft hier Art. 164 Abs. 1, welcher eine Abnahme einen Monat nach der Anzeige der Vollendung fingiert. (Verweigert der Unternehmer die Mitwirkung, findet eine Abnahme gar nicht statt und der Rückbehalt wird nicht fällig [Abs. 2]).

Der Rückbehalt nach der Abnahme des Werks

Nach der Abnahme der Baute hat der Bauherr unter den gegebenen Voraussetzungen (vorangegangener Abschnitt) ein Recht, als Gegenleistung zur Ausbezahlung vom Rückbehalt vorgängig eine Sicherheit in Form einer Solidarbürgschaft einer Bank oder Versicherung zu erhalten. Diese Bürgschaft soll den Bauherrn bezüglich seiner Mängelrechte absichern. Etwas umstritten ist die Dauer der Sicherung (2 Jahre? 5 Jahre? 10 Jahre? Oder sogar auf unbestimmt Zeit?).

Die praxisorientierte Lehrmeinung (z. B.: Gauch, Kommentar zur SIA Norm 118, Zürich 1991, N 16 zu Art. 181) kommt auf eine Gesamtdauer der Sicherung von 5 Jahren und 4 Wochen seit dem Tag der Bauabnahme. Im Spezialfall der vom Bauherrn unterlassenen Abnahme sogar noch einen Monat länger, hier aber seit dem Tag der Anzeige der Vollendung.

Warum die Begrenzung auf die fünf Jahre und warum diese vier Wochen noch dazu?

Die fünf Jahre

Das eigentliche «Erlöschen», welches Art. 181 wörtlich erwähnt, hat 1991 eine Fussnote erhalten (gekennzeichnet mit: ***), welche sich auf die Garantiefrist (Rügefrist) bezieht. Eng gesehen könnte man daraus ableiten, dass damit die 2-jährige Rügefrist gemeint ist. Nach der praxisorientierten Lehrmeinung erlischt aber (sinngemäss) die Rügefrist eigentlich erst mit Ablauf der 5-jährigen Frist zur Geltendmachung von verdeckten Mängeln. Denn erst dann sind die Mängelrechte tatsächlich und unwiderruflich erloschen. Eine Ausdehnung auf 10 Jahre für absichtlich verschwiegene Mängel hingegen erscheint als äusserst unpraktisch, sind doch das Verschweigen plus die Absicht nur in den seltensten Fällen beweisbar.

Die vier Wochen

Diese Zusatzfrist stammt aus Art. 510 Abs. 3 OR. Gemäss dieser Bestimmung hat der Bauherr (Gläubiger) nach Ablauf einer befristeten Bürgschaft noch vier Wochen Zeit, seine Forderung einzuklagen und diese Klage ohne Verzögerung durchzuziehen. Nichts deutet darauf hin, dass die SIA-Norm 118 etwas an dieser rechtlichen Regelung gemäss OR ändern wollte.

Bürgschaftsverträge in der Praxis

In der wirtschaftlichen Praxis wird in den Solidarbürgschaften leider oft die Mithaftung für Mängel abgelehnt, welche bei der Abnahme dem Bauherrn bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen. Dies ist nicht im Sinne von Art. 181, denn dieser verlangt eine Solidarbürgschaft für Mängel, die «bei der gemeinsamen Prüfung oder während der Garantiefrist» gerügt werden. Man muss also darauf achten, dass man auf solche Abweichungen der Norm 118 nicht eingeht. Sie ist zwar erlaubt, aber nicht im Sinne einer ausgewogenen Risikoverteilung.

Quelle: weka.ch

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hbq-bauberatung.ch: Beim Bauen gut beraten - SIA Norm 118

Mit der Bauabnahme gehen alle Rechte und Pflichten eines Bauwerks an den Bauherrn oder den Eigentümer über. Die Garantiefrist beginnt damit zu laufen. Gut zu wissen, welche Ansprüche einem Immobilienbesitzer zustehen.

Die Grundlage für die Garantieleistungen eines Unternehmers bildet der Werk- oder Kaufvertrag. Die Garantieleistungen werden in den Verträgen unterschiedlich geregelt. Nicht immer bildet die SIA-Norm 118 «Allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten» den diesbezüglichen Vertragsbestandteil, dann gelten die Bedingungen aus dem Obligationenrecht.

Garantie SIA-Norm 118

Wurde die SIA-Norm 118 als Vertragsbestandteil vereinbart, beginnt mit der Bauabnahme die 2-jährige Garantiefrist, die eigentliche Rügefrist für offensichtliche Mängel, zu laufen. Kleinere Mängel wie feinere Rissbildungen, die sich nicht vergrössern, können vor Ablauf der 2-jährigen Garantiefrist gemeldet werden. Mängel, wie etwa der Wassereintritt an einer Dachkonstruktion, müssen hingegen umgehend gemeldet werden, damit Folgeschäden verhindert werden können.
Die Garantiefrist für verdeckte Mängel, die nach der Garantieabnahme auftreten, beträgt 5 Jahre. Diese Mängel müssen umgehend innerhalb von 7 Tagen dem Unternehmer mitgeteilt werden, damit die Garantieansprüche Gültigkeit haben.

Vorteile SIA-Norm 118 gegenüber Obligationenrecht

Im Gegensatz zum Obligationenrecht können gemäss SIA-Norm 118 kleinere Mängel bis zur Garantieabnahme gesammelt und zusammen angemeldet werden. Der wesentliche Vorteil der Garantieleistungen der SIA-118 Norm liegt darin, dass die Beweislast während der ersten 2 Jahre darüber ob ein Mangel vorliegt oder nicht, beim Unternehmer liegt. Sicherlich ein Vorteil, muss doch der Bauherr als Baulaie dem Unternehmer nicht den Mängelnachweis erbringen. Erst nach Ablauf der 2-jährigen Garantiefrist kehrt sich die Beweislast für die verdeckten Mängel um und obliegt von nun an dem Bauherrn.

Garantieabnahme – letzte Gelegenheit

Die Garantieabnahme bildet für den Eigentümer die letzte Möglichkeit, bereits erkannte oder erkennbare Mängel zu rügen, die innerhalb von 2 Jahren nach der Bauabnahme aufgetreten sind. Nimmt der Bauherr dies nicht war, verliert er seinen Garantieanspruch für diese Mängel. Ratsam ist es daher, in jedem Fall 2 bis 3 Monate vor Ablauf der Frist beim Architekten oder Generalunternehmer nachzufragen, damit die Schlussabnahme nach 2 Jahren nicht vergessen geht. Denn sämtliche Unternehmer müssen nachweislich spätestens am letzten Tag der Rügefrist Kenntnis der Mängel haben, ansonsten erlöschen die Garantieansprüche.

Garantieabnahme mit einem Architekten

Im üblichen Leistungsumfang des Architekten gemäss SIA-Ordnung 102 «Leistung und Honorare der Architekten» sind

  • das Einsammeln der Mängel,
  • das Organisieren der Arbeiten,
  • das Aufbieten der Unternehmer und
  • das Überwachen der Garantiearbeiten enthalten.

Das Durchsetzen der Garantieansprüche ist jedoch Sache des Bauherrn oder muss dem Architekten separat vergütet werden. Ist ein Unternehmer konkurs oder weigert er sich, die Garantiearbeiten zu leisten, können je nachdem die Leistungen der Nachbesserungsarbeiten mit  einem Bank- oder Versicherungsgarantieschein gedeckt werden.

Garantieabnahme mit einem Generalunternehmer

Der Generalunternehmer ist üblicherweise für das Erbringen der Garantieleistungen zuständig. Versucht der Generalunternehmer die Schlussprüfung über den Ablauf der Rügefrist hinaus zu verschieben oder weigert er sich eine Garantieabnahme vorzunehmen, muss der Bauherr den Generalunternehmer rechtzeitig über die vorhandenen Mängel in Kenntnis setzen. So kommt der Bauherr seinen Pflichten innerhalb der 2-jährigen Rügefrist und der 5-jährigen Garantiedauer nach.

Ablauf einer Garantieabnahme

Der Bauherr und der Architekt oder Generalunternehmer nehmen die Schlussprüfung gemeinsam zur Beweissicherung vor. Der Architekt oder der Generalunternehmer erstellt ein Protokoll, welches von beiden Parteien unterzeichnet werden muss. Oftmals gibt die Beurteilung, ob ein Mangel vorliegt oder nicht und welche Massnahme für die Nachbesserung erfolgen soll, zu Diskussionen Anlass. Die für einen Bauherrn nicht nachvollziehbaren Verweise auf zulässige Toleranzen nach einer SIA-Norm oder die unverhältnismässige Nachbesserung, sind oftmals Anlass dafür. Ein Bausachverständiger oder Bauberater kann den Bauherrn anlässlich einer solchen Abnahme unterstützen und ihm bei der Durchsetzung seiner Mängelrechte helfen.

Neubeginn der Garantiefristen

Für die instand gestellten Teile findet gemäss SIA-Norm 118 auf verlangen des Unternehmers eine Abnahme statt. Es liegt aber vor allem im Interesse des Bauherrn bei umfassenden Mängelbehebungen eine solche Abnahme vorzunehmen und zu protokollieren.

Mit der Abnahme der Nachbesserungsarbeiten beginnt die Garantiefrist dieser Werkteile neu zu laufen.

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hbq-bauberatung.ch: Beim Bauen gut beraten - Bauabnahme - Garantieabnahme

ABB steht als Abkürzung für «Allgemeine Bedingungen Bau». Diese bezeichnen Normen, die werkvertragliche Aspekte spezieller Bauarbeiten in Addition zur übergeordneten Norm SIA 118 regeln.