Ein Hausbau ist komplex. Wo viele Handwerker und Subhandwerker beteiligt sind, braucht es das Wissen, wie man gesetzlich geschützt ist und wie man bei Baumängeln vorgehen muss. In diesem Artikel beleuchten wir diese Problematik sowie die gesetzliche Entwicklung bei Bauverträgen.
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Planung ist alles, was zwischen Wunsch, Vorstellung und Beginn eines Hausbaus erfolgt. Es geht also darum zu erfassen, was a) von Seiten der Bauherren gewünscht ist und b), was die Regeln der Baukunst, wie Baunormen und Empfehlungen der Baufachverbände verlangen. Ein weiterer Punkt sind die Kosten. Keine einfache Angelegenheit. Sie erfordert ein ausgeprägt vernetztes Denken. Die Machbarkeit ist das eine, die Kosten sind das andere. Kein Wunder, passieren Planungsfehler schneller als uns lieb ist.
Ob bei einer Küchensanierung oder dem Bau eines Einfamilien- oder eines Mehrfamilienhauses, regelmässig entstehen kleinere oder grössere Baumängel mit kostenintensiven Bauschäden.
Der Bau eines Hauses oder der Erwerb einer Eigentumswohnung ist bei den meisten Leuten die grösste Investition in ihrem Leben. Dabei wird das gesparte Geld und nicht selten das Vorsorgegeld eingesetzt und eine langfristige Verschuldung von 80 % und mehr des Immobilienpreises eingegangen. Eigentlich Grund genug, sich intensiv damit auseinander zusetzen. Und doch gehen viele Bauherren unbedarft und ungenügend vorbereitet in den Bauprozess.
Umsichtige Baupartnerauswahl, unbedingt Referenzen einholen
Der erfolgreiche Bauprozess hängt sehr vom Baupartner ab. Ob Sie mit einem Architekten oder einem Generalunternehmer bauen wollen, prüfen Sie Ihren möglichen Baupartner und lassen Sie sich Referenzen bereits ausgeführter Objekte geben. Beim persönlichen Gespräch mit Eigentümern erstellter Projekte erfahren Sie, wie Kosten und Termine eingehalten werden, die Bauqualität umgesetzt wird und ob Kunden auch nach der Unterzeichnung des Kauf- oder Werkvertrages noch so intensiv betreut und beraten werden.
Klare und ausgewogene Bauverträge abschliessen
Die Zusammenarbeit mit einem Architekten soll frühzeitig, am besten beim Planungsstart schriftlich geregelt werden. Ein Architektenvertrag kann nämlich durchaus auch mündlich und durch das Handeln des Architekten entstehen.
Auch ohne schriftliche Vereinbarung kann der Architekt seine Leistungen somit in Rechnung stellen, was nicht selten zu Überraschungen bei Bauherren führt. Der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein SIA bietet auch für Nichtmitglieder seine Vertragsvorlage an. Sie bildet eine gute Grundlage, welche aber in jedem Fall auf das einzelne Bauvorhaben angepasst und präzisiert werden muss.
Generalunternehmerverträge sind in ihrer Form frei, was mitunter zu ganz einseitigen Formulierungen führen kann. Vertragstexte wie
- «es liegt erst ein Baumangel vor, wenn ihn der Generalunternehmer als solchen akzeptiert» oder
- «die Schlusszahlung muss vor der Bauabnahme und Übergabe an den Käufer geleistet werden»
sind dabei leider nicht unmöglich.
Es empfiehlt sich, die Vertragsvorlagen und allgemeinen Bedingungen des VSGU, des Verbandes Schweizerischer Generalunternehmer, zu verwenden oder sich zumindest daran anzulehnen. In nur einem Vertrag wird das gesamte Bauwerk beschrieben und bestellt, der Vertrag muss daher hieb- und stichfest sein.
Lassen Sie den Vertragsentwurf unbedingt durch eine Fachperson oder einem Bauberater prüfen, damit Sie Schwachstellen und Risiken reduzieren können vor der Unterzeichnung des Vertrages.
Zweitmeinung als Ergänzung einholen
Nicht immer reichen die Informationen des Architekten oder des Generalunternehmers aus, daher kann eine unabhängige Zweitmeinung von grossem Nutzen sein für einen Bauherrn.
- Gibt es für eine Baufrage wirklich keine alternative Lösung?
- Sind die Mehrkosten für den Zusatzwunsch oder die Änderung wirklich gerechtfertigt?
- Ist eine qualitativ gute Ausführung in der vorgegebenen Zeitspanne wirklich möglich?
Eine nicht am Projekt beteiligte Fachperson kann Ihnen dabei vermutlich weiterhelfen.
Baupfusch durch Kontrollen verhindern
Der Kosten- und der Zeitdruck hinterlassen auch auf dem Bau ihre Spuren. Eine regelmässige Überprüfung der ausgeführten Arbeiten macht sich bezahlt. Nicht alle Bauteile können anlässlich der Bauabnahme auf ihre fachgerechte Ausführung hin kontrolliert werden. Baumängel verbergen sich nicht selten in den nicht mehr sichtbaren Bereichen, die dann früher oder später zu Schäden am Bauwerk führen können.
Lassen Sie sich vom Baupartner aufzeigen, wie die Qualitätssicherung am Bau vorgenommen, dokumentiert und sichergestellt wird.
Speziell kontrolliert werden sollten dabei die
- Abdichtungen unter Terrain,
- die Wärmedämmungen im Dach- und im Fassadenbereich,
- der Aufbau des Unterlagsbodens sowie
- die Gipserarbeiten.
Es kann sich für die Qualität Ihres Eigenheims durchaus bezahlt machen, für punktuelle Kontrollen einen unabhängigen Bausachverständigen beizuziehen.
Was gilt es an der Bauabnahme zu beachten?
Die Bauabnahme ist ein wichtiger Vorgang, für den Sie sich sorgfältig vorbereiten und sich ausreichend Zeit lassen müssen. Sämtliche Bauteile gehen anschliessend in die Obhut des Bauherrn oder Eigentümers über. Lassen Sie sich bei den Kontrollen von Ihrem Baupartner nicht unter Druck setzen und verlangen Sie ausreichend Zeit dafür. Alles, was anlässlich der Bauabnahme sichtbar ist und Sie nicht bemängeln, gilt als akzeptiert. Es ist nicht immer einfach für einen Baulaien, seine Ansprüche gegenüber den Bauprofis durchzusetzen.
- Was ist jetzt noch innerhalb der Baunormen und Toleranzen und was nicht?
- Welche Nachbesserung eines Mangels kann verlangt werden und welche steht nicht mehr im Verhältnis?
Sämtliche offenen Punkte und festgestellten Mängel werden in einem Abnahmeprotokoll festgehalten, das gemeinsam unterzeichnet wird. Prüfen Sie die Vollständigkeit und ob sämtliche Punkte und abgesprochenen Arbeiten präzise und Verständlich protokolliert werden. Bei Punkten, bei dehnen keine Einigkeit erzielt werden kann, empfiehlt sich die Aussagen von beiden Parteien im Protokoll festzuhalten und zu vereinbaren, welche Norm oder welcher Experte beigezogen wird als Schiedsrichter.
Die wichtigsten 5 Punkte
- Baupartner – umsichtig und sorgfältig aussuchen
- Bauverträge – klar, präzise und ausgewognen abschliessen
- Zweitmeinung – bei unverständlichen Punkten einholen
- Baukontrollen – regelmässige Qualitätsprüfungen
- Bauabnahme – sich Zeit lassen und alles kontrollieren
Viele Bauherren glauben, sie hätten ein durch das Gesetz geschütztes Recht auf Rückbehalt für befürchtete Mängel am Bau – sie seien daher berechtigt, auch nach der Bauabnahme nicht die volle Zahlung zu leisten. Ganz so einfach ist es aber nicht. Zum Rückbehalt gibt es mehrere gesetzliche Bestimmungen. In diesem Beitrag ist schwergewichtig die Rede von den Bestimmungen zum Rückbehalt der SIA-Norm 118.
Diverse Bestimmungen zum Rückbehalt
Das Problem mit dem Rückbehalt zeigt sich häufig darin, dass zum Beispiel ein Käufer eines schlüsselfertigen Hauses meint, trotz anders lautendem Vertrag eine Berechtigung zu haben 5 % bis 10 % des Gesamtpreises zurückzuhalten, weil er Mängel befürchtet. Gemäss Art. 111 OR kann man einen eigentlichen Garantievertrag abschliessen. Hat man dies aber nicht getan, kann man auch nicht auf Art. 111 OR verweisen.
Ferner hat man ein Recht auf Rückbehalt aufgrund Art. 82 OR. Dieses Recht auf Rückbehalt steht einem bei Nicht- oder nicht gehöriger Erfüllung zu. Dies ist der Fall, wenn der Unternehmer das Werk noch gar nicht vollendet hat.
Im Folgenden beschränke ich mich auf den Rückbehalt gemäss der SIA Norm 118. Immerhin sei erwähnt, dass die SIA Norm 118 die Rechte aus Art. 82 OR nicht verdrängt, es sei denn, man habe vertraglich dieses Recht auf Rückbehalt «hinreichend deutlich» (BGE 113 II 49, S. 51 zum Ausschluss von dispositivem Recht im Allgemeinen) ausgeschlossen, was in den Bauverträgen oft der Fall ist.
Der Rückbehalt bis zur Abnahme des Werks
A) Rückbehalt beim Einheitspreis
Das Recht des Bauherrn auf Rückbehaltung fusst auf Art. 145 Abs. 1 SIA Norm 118. Der Umfang vom Rückbehalt hingegen wird für Verträge mit Einheitspreis in Art. 150 geregelt. Er beträgt bis Fr. 300’000.- 10 % des Leistungswerts. Bei nur grob geschätzten Leistungswerten (nicht detaillierte Leistungsaufstellung) jedoch 20 %.
Übersteigt der Leistungswert Fr. 300’000.-, was bei einem Hausbau in der Regel der Fall ist, beträgt der Rückbehalt 5 % der Bausumme, mindestens aber Fr. 30’000.- und maximal – falls vertraglich nicht anders geregelt – Fr. 1’000’000.-. Weil nun aber Fr. 30’000.- 5% von Fr. 600’000.- sind, kommt die 5%-Regel erst ab einem Leistungswert von Fr. 600’001.- zum tragen.
Der Rückbehalt kann unter anderem dazu dienen, den Bauunternehmer zu drängen, Bauhandwerkerpfandrechte von Subunternehmern (siehe Art. 837 Ziff. 3 und Art. 839 ff. ZGB und Art. 29 SIA Norm 118) abzulösen.
B) Rückbehalt bei Gesamtpreisverträgen
Bei Gesamtpreisverträgen (einer oder mehrere Global- oder Pauschalpreise enthaltend) gewährt die SIA Norm 118 keinen Rückbehalt, schliesst einen solchen aber auch nicht aus, sondern verlangt, dass man ein Recht auf Rückbehalt oder allfällige zusätzlich zu gewährende Sicherheiten ausserhalb der Norm besonders regeln muss. Gerade dies aber schliessen Generalunternehmer («Verkäufer») im Falle von schlüsselfertig angebotenen Bauten regelmässig im «Kaufvertrag» ausdrücklich aus.
Der Anspruch des Bauherrn auf einen Rückbehalt (wenn er denn einen hat) erlischt, wenn kumulativ 3 Voraussetzungen gegeben sind:
- Abnahme des Werkes,
- Übergabe der Schlussrechung und Ablauf der Prüfungsfrist der Schlussrechnung.
- Leistung der Solidarbürgschaft gemäss Art. 181 (m.E. ist auch eine Bargarantie gemäss Art. 182 ausreichend).
Auf diese Weise entsteht für den Bauherrn keine Sicherheitslücke, denn die verschiedenen Sicherheiten fügen sich nahtlos aneinander. Findet eine förmliche Abnahme nicht statt, so hilft hier Art. 164 Abs. 1, welcher eine Abnahme einen Monat nach der Anzeige der Vollendung fingiert. (Verweigert der Unternehmer die Mitwirkung, findet eine Abnahme gar nicht statt und der Rückbehalt wird nicht fällig [Abs. 2]).
Der Rückbehalt nach der Abnahme des Werks
Nach der Abnahme der Baute hat der Bauherr unter den gegebenen Voraussetzungen (vorangegangener Abschnitt) ein Recht, als Gegenleistung zur Ausbezahlung vom Rückbehalt vorgängig eine Sicherheit in Form einer Solidarbürgschaft einer Bank oder Versicherung zu erhalten. Diese Bürgschaft soll den Bauherrn bezüglich seiner Mängelrechte absichern. Etwas umstritten ist die Dauer der Sicherung (2 Jahre? 5 Jahre? 10 Jahre? Oder sogar auf unbestimmt Zeit?).
Die praxisorientierte Lehrmeinung (z. B.: Gauch, Kommentar zur SIA Norm 118, Zürich 1991, N 16 zu Art. 181) kommt auf eine Gesamtdauer der Sicherung von 5 Jahren und 4 Wochen seit dem Tag der Bauabnahme. Im Spezialfall der vom Bauherrn unterlassenen Abnahme sogar noch einen Monat länger, hier aber seit dem Tag der Anzeige der Vollendung.
Warum die Begrenzung auf die fünf Jahre und warum diese vier Wochen noch dazu?
Die fünf Jahre
Das eigentliche «Erlöschen», welches Art. 181 wörtlich erwähnt, hat 1991 eine Fussnote erhalten (gekennzeichnet mit: ***), welche sich auf die Garantiefrist (Rügefrist) bezieht. Eng gesehen könnte man daraus ableiten, dass damit die 2-jährige Rügefrist gemeint ist. Nach der praxisorientierten Lehrmeinung erlischt aber (sinngemäss) die Rügefrist eigentlich erst mit Ablauf der 5-jährigen Frist zur Geltendmachung von verdeckten Mängeln. Denn erst dann sind die Mängelrechte tatsächlich und unwiderruflich erloschen. Eine Ausdehnung auf 10 Jahre für absichtlich verschwiegene Mängel hingegen erscheint als äusserst unpraktisch, sind doch das Verschweigen plus die Absicht nur in den seltensten Fällen beweisbar.
Die vier Wochen
Diese Zusatzfrist stammt aus Art. 510 Abs. 3 OR. Gemäss dieser Bestimmung hat der Bauherr (Gläubiger) nach Ablauf einer befristeten Bürgschaft noch vier Wochen Zeit, seine Forderung einzuklagen und diese Klage ohne Verzögerung durchzuziehen. Nichts deutet darauf hin, dass die SIA-Norm 118 etwas an dieser rechtlichen Regelung gemäss OR ändern wollte.
Bürgschaftsverträge in der Praxis
In der wirtschaftlichen Praxis wird in den Solidarbürgschaften leider oft die Mithaftung für Mängel abgelehnt, welche bei der Abnahme dem Bauherrn bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen. Dies ist nicht im Sinne von Art. 181, denn dieser verlangt eine Solidarbürgschaft für Mängel, die «bei der gemeinsamen Prüfung oder während der Garantiefrist» gerügt werden. Man muss also darauf achten, dass man auf solche Abweichungen der Norm 118 nicht eingeht. Sie ist zwar erlaubt, aber nicht im Sinne einer ausgewogenen Risikoverteilung.
Quelle: weka.ch
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