Wann braucht es eine Baubewilligung? Die wichtigsten Tipps.
Da steht er nun, der kleine Velounterstand. Endlich auf einen trockenen Sattel aufsteigen! Dann die unerwartete Anfrage eines Nachbarn, ob denn eine Baubewilligung eingeholt wurde? Baubewilligung? Für etwas so Kleines? Ja, sagt das Gesetz. Für fast alles braucht es eine. Und weil wir in der Schweiz leben, ist dies von Kanton zu Kanton unterschiedlich. Ein Überblick für alle, die demnächst kleinere Bauvorhaben umsetzen möchten.
Das Einfachste vorweg: Alle Bauten, die eine feste Verbindung mit dem Boden aufweisen, sind bewilligungspflichtig. Fest bedeutet: wirklich befestigt. Also nicht bloss hingestellt. Und auch nicht zu gross. Beliebte Anbauten wie ein Wintergarten oder ein zusätzliches Zimmer brauchen demnach eine Baubewilligung.
Und nun zu unserer komplexen Vielfalt in der Gesetzgebung.
Holen wir kurz etwas aus: Im Jahr 1850 lebten in der Schweiz zirka 2 Millionen Menschen. Das Gartenhaus des Nachbars wird damals niemanden gestört haben. Unterdessen hat sich die Schweizer Bevölkerung fast verfünffacht. Zu einem grossen Teil auch durch die von der Wirtschaft geförderte Zuwanderung. Eine 10-Millionen-Schweiz würde zudem noch mehr räumliche Nähe zwischen den BewohnerInnen schaffen, als es heute bereits der Fall ist.
Mehr Menschen auf gleich viel Raum. Menschen aus verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen Kulturen und Vorstellungen. Da muss das Zusammenleben gut geregelt sein. Mit teilweise neuen Gesetzen.
Es ist wichtig und richtig, sich mit der Frage auszusetzen, ob Ihr Projekt eine Baubewilligung braucht oder nicht.
Baubewilligung ja oder nein? Was gilt jetzt?
Gleich vorweg: Da sich auch Gesetze immer wieder verändern, fragt man am besten auf dem Bauamt nach und lässt sich die Antwort schriftlich bestätigen. Vorteilsweise mit der Frage, ob es noch andere Instanzen gibt, bei denen man die Baubewilligung einholen muss. Erfahrungen aus der Realität zeigen:
Lieber im Vorfeld zu viel abklären, als schlimmstenfalls alles wieder abreissen müssen. Das kommt vor. Leider!
Ausnahmen?!
Hierzu schreibt der Beobachter in seinem Artikel «Gartenhäuschen, Vorsicht, Vorschrift!», dass kleinere, unverankerte Objekte, wie eine Hundehütte oder ein Spielhaus, nicht bewilligt werden müssen.
Was unter «kleiner» zu verstehen ist, weiss das Bauamt in Ihrer Gemeinde. Denken Sie an den Unterschied zwischen «hingestellt» und «feste Verbindung». Damit können Sie selbst eine erste Einschätzung vornehmen, sofern Ihr Gartenhaus nicht fünf Meter hoch ist …
Bedenken Sie, dass nicht nur das Bauamt weiss, was erlaubt ist und was nicht. Auch Nachbarn sollten, zum Beispiel bei einem grossen Schattenwurf oder wenn die Sicht verdeckt wird, miteinbezogen werden.
Die Pergola, der Wintergarten, die Terrasse, der Hundezwinger, Hühnerstall, die Markise, der Geräteschuppen und vieles andere: Es gibt viel zu klären, wenn sich Nachbarn eingegrenzt oder bedrängt fühlen oder vielleicht (unbewusst) neidisch werden.
Doch nicht nur Höhe und Nähe sind entscheidend, es geht auch um das Erscheinungsbild, um die Beeinflussung der Aussicht und um die Privatsphäre der Nachbarn.
Der frühzeitige Gang zum Bauamt kann ermöglichen, die Bewilligung im vereinfachten Anzeigeverfahren durchzubringen, das heisst ohne öffentliche Ausschreibung. Im Nachhinein kann es komplexer werden. Leider gibt es immer mehr Vorschriften, die eine Baubewilligung erfordern. Doch nicht alle erfüllen das Kriterium «öffentliches Interesse».
Carmen Walker Späh, auf Baurecht spezialisierte Rechtsanwältin und Zürcher Kantonsrätin, fragt im erwähnten Beobachterartikel zu Recht, ob wirklich jedes Gartenhäuschen ein Baubewilligungsverfahren durchlaufen muss.
Kantonale Unterschiede
Bern und Zürich. Zwei sehr wichtige Wirtschaftskantone, die sich da und dort unterscheiden und gewisse Dinge unterschiedlich sehen.
In Bern darf ein Gartenhaus 2.50 Meter hoch sein und eine Grundfläche von 10 Quadratmetern haben.
Vielleicht liegt es am Bevölkerungswachstum und am fehlenden Raum, dass man dies in Zürich etwas enger sieht. Die gleiche Höhe ja, jedoch nur sechs Quadratmeter Grundfläche sind ohne Baubewilligung erlaubt.
Dafür sind die Steuern in Zürich auch wesentlich tiefer als in Bern. ;-)
Hauptgruppen für Bauvorschriften – Beispiel Kanton Zürich
Haus- und Wohnungseigentümer denken vor allem bei kleineren Bauwerken selten an eine Baubewilligung. Die nachfolgende Aufzählung, wo im Kanton Zürich überall Bauvorschriften gelten, zeigt die Weite und Vielfalt der Themen in Sachen Baubewilligung. Also lieber genau (und schriftlich) abklären, bevor gebaut wird.
- Bauen an besonderer Lage
Ausserhalb der Bauzone, Denkmalpflege, Archäologie, Altlasten etc.
- Bauvorschriften für Betriebe und Anlagen
Arbeitssicherheit, B-Betriebe, Tankanlagen…
- Abwasser & Versickerung
Grundwasserschutz, Abwasserentsorgung
- Bauvorschriften zur Luftreinhaltung
Feuerungsanlagen, Verbrennungsmotoren
- Gebäude & Energie
Wärmedämmvorschriften, haustechnische Anlagen
- Bodenschutz
Umgang mit Boden, Bodenbelastungen, Rekultivierung, Fruchtfolgeflächen
- Wassernutzung
Grundwassernutzung, Bewässerung, Wasser stauen und entnehmen
- Energienutzung aus Untergrund und Wasser
Erdwärmesonden, Tiefengeothermie, Grundwasser
- Schattenwurf
(Hoch)häuser, Raumplanung, Bauvorschriften
- Naturschutzrichtlinien
Naturnahe Flächen, Wanderbiotope, Hecken, Gebäudebrüter, etc.
© Quelle: zh.ch
Bevölkerungsdichte, verändertes Klima, verschiedene Kulturen: Die Schweiz befindet sich in einer enormen Veränderung – da braucht es Richtlinien. Mit dem Ziel eines friedlichen Zusammenlebens!
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