Bauverträge: Bauen Sie nicht auf Versprechungen
Mit Papierkram schlägt sich kein Bauherr gern herum. Dennoch tut er gut daran, auch das Kleingedruckte von Werkverträgen genau zu studieren. Nur so gibts keine bösen Überraschungen, wenn später Mängel auftreten.
Bauverträge: Mit SIA 118 auf Nummer sicher
- Die erste Freude nach dem Umbau weicht bald einmal dem Ärger: Bei den frisch gestrichenen Holzfenstern blättert aussen der Anstrich nach einem halben Jahr wieder ab – sehr zum Leidwesen des betroffenen Hausbesitzers: «Ich habe geglaubt, dass die Arbeit professionell ausgeführt wurde. Stattdessen sind jetzt teure Reparaturen fällig.»
- Zufrieden mit der ausgeführten Arbeit ist zwar Familie A., die ihre Vierzimmerwohnung neu streichen liess. Zu einer unangenehmen Überraschung kommt es dann aber, als die Rechnung ins Haus flattert: Der neue Anstrich kostet zuzüglich Material, Abdecken, Fahrspesen und Zwischenverpflegung doppelt so viel, wie mündlich vereinbart worden ist.
- In einem weiteren Fall dringt bei einem Anbau Wasser ein, weil anscheinend für eine Fuge ein falsches Material verwendet worden ist. Der Generalunternehmer sagt, der Handwerker sei schuld. Dieser wiederum betont, er habe keine klaren Anweisungen vom Bauführer bekommen.
Das sind drei typische Beispiele, bei denen eine gütliche Einigung häufig schwierig ist. Die anziehende Baukonjunktur – vielerorts muss man inzwischen ja froh sein, wenn man überhaupt einen Handwerker findet – trägt wohl noch das ihrige dazu bei, dass Bauunternehmer und Handwerker heute weniger kulant sind als während der Wirtschaftskrise.
Anstatt im Nachhinein über Preis, Leistung und Haftung zu streiten, halten Auftraggeber und Auftragnehmer besser von Anfang an klare Spielregeln ein: Preis, Leistung, Termin und Haftung sind unmissverständlich festzulegen, und zwar am besten schriftlich.
Gleiche Haftung wie bei Neubau
Eine gewisse Sicherheit verleiht Bauherren die Tatsache, dass der Gesetzgeber hinsichtlich der Haftung für Neu- und Umbauten grundsätzlich keinen Unterschied macht. «Bei Umbauten gilt die gleiche Haftung, und es gelten die gleichen Verjährungsfristen wie bei Neubauten», betont Jürg Gasche, Leiter des Rechtsdienstes des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA).
Da gerade Umbauten oft mit Überraschungen verbunden sind, ist dem Kleingedruckten in Verträgen besondere Aufmerksamkeit zu schenken:
- Was geschieht, wenn unvorhergesehene Probleme auftauchen, die Zeit kosten und Mehrausgaben verursachen?
- Ist die Haftung geregelt, sofern eine Fehlbeurteilung oder unsachgemässe Ausführungen zu Bauschäden führen?
In der Regel ist es empfehlenswert, in den Verträgen mit Handwerkern und Bauunternehmern festzuhalten, dass die SIA-Norm 118 gilt.
Angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung, die ein Umbau für den Bauherrn haben kann, ist es also nur recht und billig, seine Baupartner und das Vertragswerk unter die Lupe zu nehmen.
Abgesehen von Verträgen, ist besonders die Wahl der richtigen Unternehmer entscheidend. «Der beste Vertrag nützt nichts, wenn der Partner nicht willens oder nicht in der Lage ist, eine gute Leistung zu erbringen. Mit Rechtsstreitigkeiten wurde noch kein Haus gebaut oder umgebaut, aber schon viel Geld, Zeit und Nerven verbraucht», sagt Jürg Gasche. Anders als zum Beispiel beim Mietrecht oder beim Arbeitsrecht, das zahlreiche Bestimmungen zum Schutz der schwächeren Partei enthält, ist das Werkvertragsrecht relativ «neutral» ausgestaltet.
«Wer sich nicht zu helfen weiss beziehungsweise wer nicht einen guten Anwalt zu Rate zieht, gerät bald einmal ins Hintertreffen», weiss Gasche. Nach seiner Auffassung lohnt es sich, das Vertragswerk für einen Umbau vor der Unterzeichnung einem erfahrenen Bauanwalt zur Prüfung vorzulegen. «Das kommt bedeutend billiger als der Beizug eines Anwalts im Nachhinein.»
Genaue Definition der Leistungen
Schwieriger wirds, wenn der bei akuten Problemen beigezogene Anwalt feststellen muss, dass der Bauherr gemäss Vertrag eine schwache Rechtsstellung innehat. Dann kann oft nur noch mit sehr hohem Aufwand etwas erreicht werden.
Wer einen Unternehmer mit der Leistung von Bauarbeiten beziehungsweise mit der «Herstellung eines Werks» beauftragt, schliesst mit ihm einen Werkvertrag ab. Dieser kann sowohl mündlich als auch schriftlich abgeschlossen werden. Um Unklarheiten und Missverständnissen vorzubeugen, sollte der Vertrag jedoch schriftlich fixiert und möglichst präzis abgefasst werden. Fällt die Vereinbarung allzu knapp und allgemein aus, dürfte es schwierig sein, Garantieansprüche geltend zu machen. Weitere zentrale Punkte sind:
- Welche Leistungen der Werkpreis einschliesst, muss klar definiert sein. Da bei Umbauten oft mit Überraschungen zu rechnen ist, werden teilweise Umbauzuschläge verlangt. Dies sollte allerdings im Vertrag klar geregelt sein.
- Vor allem, wenn eine Wohnung während des Umbaus bewohnt bleibt, ist die Umbauzeit von grosser Bedeutung. Achten Sie darauf, dass keine Formulierungen enthalten sind, die die effektive Bauzeit verlängern könnten. Wenn ein Handwerker nicht rechtzeitig auf der Baustelle erscheint, kann dies das ganze Umbauprojekt blockieren, weil dann auch Anschlussarbeiten liegen bleiben.
- Durch verklausulierte Wendungen wird manchmal versucht, Mängelrügen auszuschliessen, Garantien auf ein Minimum zu reduzieren oder gänzlich wegzubedingen. Gegenüber Unternehmern, die für eine Renovation keine Garantien abgeben wollen, ist jedoch grosse Vorsicht am Platz.
Bauwerk sofort auf Mängel prüfen
Was das Obligationenrecht bezüglich Werkmängeln vorsieht, ist dispositiver Natur. Das heisst: Wenn mit einem Vertrag Haftung und Garantien wegbedungen werden, so haben diese Regelungen Vorrang vor dem Gesetz.
Heisst es zum Beispiel, mit dem Wiedereinzug in die renovierte Wohnung gelte «die Arbeit als rügelos abgenommen», werden nachträgliche Mängelrügen praktisch verunmöglicht.
Wenn Mängel bei der Bauabnahme nicht angezeigt werden, die offensichtlicher Natur sind oder bei sorgfältiger Prüfung hätten erkannt werden können – so genannte Sichtmängel –, gilt das Bauwerk als genehmigt und Bauherren verwirken ihre Rechte gegenüber dem Unternehmer. Treten zu einem späteren Zeitpunkt Mängel zutage, die bei der Abnahme nicht erkennbar waren – man spricht dann von verdeckten Mängeln –, müssen auch diese sofort angezeigt werden.
Das fertige Bauwerk auf Mängel zu prüfen ist indes kein leichtes Unterfangen. Wer nicht über das nötige Know-how verfügt, sollte einen Bausachverständigen beiziehen. «Nur ein Fachmann kann aufgrund seiner Erfahrung beurteilen, ob ein Mangel schwerwiegende Folgen haben könnte oder nicht», sagt Bernhard Lauper, Bau- und Immobilienfachmann der Immopro Burckhardt AG in Zürich. Sind tatsächlich Mängel zu beanstanden, kann man dies dies telefonisch oder schriftlich tun. In gravierenden Fällen ist ein eingeschriebener Brief – mit Angabe einer angemessenen Frist zur Behebung – angezeigt.
Die einfachste Lösung ist meist die kostenlose Nachbesserung durch den Unternehmer. Als zweite Möglichkeit kann man übereinkommen, dass der Unternehmer für den durch den Mangel verursachten Minderwert geradesteht. Als dritte Variante bietet sich die Wandlung des Vertrags an. Das heisst: Geld zurück – Material zurück.
Vorsorgliche Beweisaufnahme
Sofern sich Unternehmer und Besteller nicht einig sind, ob nun wirklich ein Mangel vorliegt oder nicht, muss letztlich ein Richter diese Frage entscheiden. Solche Gerichtsverfahren sind jedoch aufwändig und zeitraubend, da auch der Richter vielfach auf Gutachten und auf das Urteil von Fachleuten abstellen muss, um zu klären, ob nun wirklich gepfuscht wurde oder ob eine Arbeit doch den Regeln der Baukunst entspricht.
Wohl kann im Einzelfall eine Beratung durch einen versierten Bauanwalt weiterhelfen; anderseits gilt auch die einfache Faustregel, dass sich Baurechtsstreitigkeiten unter einem Streitwert von einer halben Million Franken nicht lohnen.
Das heisst, in diesen Fällen sollte wenn möglich eine gütliche Einigung gesucht werden. Hinzu kommt, dass die an sich fertig gebauten Wohnräume oder die umgebaute Küche natürlich so schnell wie möglich instand gestellt werden sollten.
Aufschub zur Beweisaufnahme
Ein Aufschub zur Beweisaufnahme ist meist alles andere als erwünscht. In diesem Fall empfiehlt es sich, beim zuständigen Gericht – das ist bei Wohnliegenschaften meist das Gericht am Standort der Liegenschaft – eine vorsorgliche Beweisaufnahme zu veranlassen. In einem solchen beschleunigten Verfahren wird noch kein Entscheid darüber gefällt, wer nun Recht hat und wer nicht – es geht lediglich darum, die Beweise für ein späteres Gerichtsverfahren zu sichern. Der zuständige Richter wird dann erst in einem ordentlichen Verfahren und aufgrund der vorsorglichen Beweisaufnahme Recht sprechen.
Nicht selten bringt die blosse Beweisaufnahme aber beide Parteien zur Vernunft und ermöglicht eine gütliche Einigung. Das erfordert von beiden Seiten einige Flexibilität, bringt aber meist mehr, als wenn sie stur auf ihrem Standpunkt beharren.
Achung Bonität der Baupartner!
Nicht zu unterschätzen ist auch die finanzielle Abwicklung. Angesichts der unsicheren Entwicklung in der Baubranche sollte man die Bonität seiner Baupartner prüfen.
Wenn der Generalunternehmer Konkurs geht und Sie als Grundeigentümer eingetragen sind, werden Subunternehmer und Handwerker offene Rechnungen via Bauhandwerkerpfandrecht direkt bei Ihnen einfordern. Im schlimmsten Fall müssen Sie Handwerkerrechnungen zweimal bezahlen.
Die an einem Projekt beteiligten Handwerker sind befugt, sowohl bei Neubauten als auch bei Sanierungen Handwerkerpfandrechte anzumelden. Vorsicht ist auch bei Vorauszahlungen geboten. Diese sollten Sie nur tätigen, wenn ein entsprechender Gegenwert, etwa in Form von Vorarbeiten, vorliegt.
Quelle: beobachter.ch