Aufbewahrungspflicht für Baupläne
Wie lange müssen Architekten und Ingenieure die Pläne ihrer abgeschlossenen Objekte aufbewahren? Gibt es eine Herausgabepflicht der Pläne an die Bauherren, Jahre nachdem das Bauprojekt abgeschlossen wurde?
Mit Abschluss des Bauauftrages werden die versprochenen Pläne und Unterlagen gewöhnlich in Form einer Dokumentation an den Bauherrn übergeben. Die Originalpläne verbleiben im Eigentum des Planers und werden von diesem in der Regel noch während einiger Zeit aufbewahrt. Oftmals wird von einer immer anwendbaren Aufbewahrungspflicht von zehn Jahren ausgegangen. Tatsächlich gibt es weit verbreitete Vertragsabsprachen, die eine zehnjährige Aufbewahrungspflicht statuieren.
Gesetzliche Aufbewahrungspflichten
Nicht zu verwechseln sind die oben erwähnten Aufbewahrungspflichten jedoch mit der gesetzlichen Regelung, der alle Betriebe unterworfen sind, die ein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreiben und im Handelsregister eingetragen sind. Solche buchführungspflichtigen Firmen sind gesetzlich verpflichtet, gewisse Unterlagen während zehn Jahren aufzubewahren (Art. 962 OR).
Diese gesetzliche Aufbewahrungspflicht stellt sicher, dass über einen längeren Zeitraum hinweg die vermögensrechtliche Lage eines kaufmännisch geführten Geschäftes nachvollzogen werden kann und die entsprechenden Verbindlichkeiten beweisbar bleiben.
Dazu gehört die sichere Aufbewahrung der Geschäftsbücher, der Geschäftskorrespondenz und der Buchungsbelege. Nicht zuletzt dient diese Regelung der Durchsetzung des Unternehmenssteuerrechts.
Keine gesetzliche Vorschrift für Pläne
Darüber hinaus besteht jedoch keine gesetzliche Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen, die nicht der schuldrechtlichen oder der steuerrechtlichen Beweisführung dienen.
Es gibt also keine gesetzliche Vorschrift, die verlangt, dass Konstruktionspläne, Skizzen, Listen usw. aufzubewahren sind, sofern sie nicht schuldrechtlichen Beweischarakter haben.
Privatrechtliche Regelungen
Privatrechtlich können natürlich länger oder kürzer währende Aufbewahrungspflichten vereinbart werden. So ist zum Beispiel in den SIA-Ordnungen 102, 103, 104 und 105 (jeweils unter Art. 1.3.7, Aufbewahrung von Dokumenten) geregelt, dass der Auftragnehmer die Arbeitsergebnisse als Originale oder in anderer geeigneter und gebrauchsfähiger Form während zehn Jahren ab Beendigung des Auftrages aufzubewahren hat. Daneben wird an dieser Stelle auch festgelegt, dass der Planer Eigentümer des in diesen Unterlagen festgehaltenen, intellektuellen Arbeitsergebnisses ist. Zu diesem Eigentum gehören auch die bei ihm befindlichen Originale der Pläne. Die der Bauherrschaft abgegebenen Unterlagen können von ihr für den vereinbarten Zweck benützt werden. Die Zehnjahresfrist wurde festgesetzt, weil sie der längsten schuldrechtlichen Frist entspricht, die das Schweizer Privatrecht kennt (Art. 127 OR).
Keine Herausgabepflicht
Mit dieser vereinbarten Aufbewahrungspflicht hängt jedoch keine Herausgabepflicht zusammen, die den Aufbewahrer etwa automatisch dazu verpflichten würde, dem ehemaligen Auftraggeber die Unterlagen später herauszugeben, wenn dieser sie verlangt. Vielmehr soll damit auf vertraglicher Basis sichergestellt werden, dass bei allfälligen zivilrechtlichen Streitigkeiten auf diese Unterlagen zurückgegriffen werden kann.
Erst in diesem Moment ergibt sich aufgrund der Beweislastverteilung im Zivilprozess allenfalls ein einklagbarer Rechtsanspruch auf Einsicht in die aufbewahrten Unterlagen durch den ehemaligen Auftraggeber (oder seine Rechtsnachfolger). Da die Einhaltung des vertraglichen Aufbewahrungsversprechens die alleinige Obliegenheit des Auftragnehmers ist, muss er sich auch bewusst sein, dass ihm fehlende Unterlagen beweisrechtlich angelastet werden könnten.
Vorgehen nach Beendigung des Auftrags
Bereits nach der Beendigung des Auftrages besteht also keine obligatorische Pflicht mehr, Pläne im Original oder als Kopien herauszugeben, sofern nichts anderes vereinbart wurde (selbstverständlich kann der Aufbewahrer aus Gründen der Kulanz anders handeln). Wurde gar keine Aufbewahrungspflicht vereinbart, so kann der Planer grundsätzlich bereits nach Abschluss des Auftrages über Abgabe, Verwendung, weitere Aufbewahrung oder Vernichtung der Unterlagen befinden, ansonsten steht ihm dieser Entscheid nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist zu.
Vergütung von Planmaterial
Gibt der Auftragnehmer Pläne oder andere Unterlagen abgeschlossener Aufträge in Kopie oder als Originale aus seinem Archiv heraus, so entsteht damit ein neuer Vertrag über die Abgabe oder den Verkauf dieser Unterlagen aus dem Eigentum des Planers. Damit ist auch klar, dass sich der Planer diese Unterlagen vergüten lassen kann und der Preis frei verhandelbar ist.
Quelle SIA
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