Risiko Regiearbeiten – darauf müssen Sie achten
Notwendig und teuer, so ungefähr könnte man die kostspieligen Regiearbeiten umschreiben. Doch wer entscheidet, was notwendig ist? Gibt es Richtlinien, klare Regelungen und was können BauherrInnen tun?
Bei Bauarbeiten können schwere Unfälle passieren. Zum Beispiel, wenn ein Gerüstteil defekt ist. Damit die Sicherheit der Bauarbeiter gewährleistet bleibt, muss dieser Teil umgehend ausgetauscht werden. Die Zusatzkosten dafür trägt der Bauherr. Dieses schnelle Reagieren zur Gewährleistung der Sicherheit und um den Zeitunterbruch gering zu halten, nennt man Regiearbeit.
Risiko Regiearbeiten – darauf müssen Sie achten
Nicht vorhersehbar?
Unvorhersehbar? Wir reden von Bauprojekten. Von bis ins Detail geplanten Aktivitäten. Von Menschen aus vielschichtigen Kulturen, die bauen. Allerdings reden wir auch von sehr komplexen Arbeiten. Von einer Bühne, auf der viele Protagonisten viele Aufgaben haben und voneinander abhängig sind. Unvorhersehbar ist darum keine Seltenheit. Die Folge:
Bauführer und Bauunternehmen brauchen Spielraum, damit sie in allen Situationen adäquat handeln und Zeitverlust und unnötige Kosten verhindern können.
Im Regiepreis sind Lohn und Lohnnebenkosten enthalten. Auch die Handwerker- und Materialkosten sind drin. Am meisten prädestiniert für Überraschungen und Unvorhergesehenes sind Umbauten. Auch auf dem Bau sieht man beim ersten Hinschauen nur die Spitze des Eisbergs. Gräbt man tiefer, kann ganz schön was zum Vorschein kommen. Hier ist Flexibilität oder eben Regiearbeit angesagt.
Damit die Kosten nicht ins Uferlose wachsen, sollte Regiearbeit im Werkvertrag festgehalten sein.
Herausforderungen bei Regiearbeiten
Die wohl grössten Herausforderungen sind Messbarkeit und Beweisbarkeit.
Insbesondere der Tiefbau kann im Nachhinein nicht überprüft werden, wenn bereits alles verbaut ist. Nachträglich Regiearbeiten zu beurteilen, ist extrem schwierig.
Die erbrachte Arbeit muss im Regierapport gut und nachvollziehbar dokumentiert sein. Erbrachte Regiearbeiten werden am besten umgehend durch die Bauleitung oder deren Vertreter überprüft und unterschrieben. Der Regierapport gilt im Streitfall juristisch gesehen als ein massgebendes Beweismittel.
Zudem ist es von Vorteil, wenn die Zuständigkeiten – basierend auf der SIA-Norm 118 «allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten» – geregelt werden. Ebenfalls in der SIA-Norm enthalten ist die Vertretung der Bauherrschaft durch die Bauleitung. Darin wird auch die Vollmacht definiert, wer Aufträge für Regiearbeiten ohne Anordnung erteilen darf. Doch Achtung:
Auch Regiearbeiten brauchen im Vorfeld eine Aufwandschätzung, ein Kostendach. Diese müssen transparent und verständlich sein und an jeder Bausitzung besprochen werden.
Wenn Verträge ohne die erwähnte SIA-Norm erfolgen, ist die Bauleitung gemäss Artikel 32 OR geregelt.
Regiearbeiten sollten innerhalb von 10 Tagen geprüft und unterzeichnet werden. Je länger die Zeiträume, desto schwächer die Erinnerungen. Zudem hat unser Gehirn die Angewohnheit, gewisse Sachverhalte automatisch noch mit anderen Eindrücken zu vermischen.
Klare Kommunikation und Festlegen von Abmachungen im Vorfeld
Bauen ist wie vieles eine Vertrauenssache, so wünschen wir es uns zumindest.
Ein guter Freund, der Architekt ist, der Nachbar, ein Kumpel des Sohnes und schon ist der Vertrauensvorschuss gross. Kritische Fragen wirken daneben. Man kennt sich schliesslich. Warum also das Thema Regiearbeiten ansprechen? Weit gefehlt!
Soll die beste Freundschaft von allen weitergehen, der Nachbar auch weiterhin guter Nachbar sein, müssen Fragen wie Regiearbeit unbedingt konkret und schriftlich im Werkvertrag geklärt sein.
Was vielleicht nach unnötiger Bürokratie aussieht, ist bei allfälligen Gerichtsverfahren sehr wichtig. Aussage gegen Aussage kann enorm kräfteraubend sein.
Und wenn es um viel Geld und um die eigene Ehre geht, können sich Sichtweisen und Aussagen beträchtlich unterscheiden.
Lieber im Vorfeld einen professionellen Bauberater beziehen und den Profi mit anderen Profis verhandeln lassen. Sie selbst schlafen so besser. Nicht nur vor dem Haus- bzw. Wohnungskauf. Auch nachher.
© bauszene.ch, 8.5.2024